Ordensspitäler mit digitalem Assistenzsystem für Knieoperationen
High-Tech im Operationssaal: Mit Unterstützung des Velys-Systems wird am Ordensklinikum Linz eine Knieprothese eingesetzt. © Ordensklinikum Linz
Die Digitalisierung macht auch vor der Orthopädie nicht Halt. „Die Orthopädie wird zunehmend individualisierter, die Behandlung wird exakt auf die jeweilige Patientin oder den jeweiligen Patienten maßgeschneidert“, fasst Primar Prof. DDr. Reinhold Ortmaier die Entwicklung der letzten Jahre zusammen. Im Ordensklinikum Linz hat man schon früh die Möglichkeiten der neuen Technologien erkannt und auch genützt: „Wir haben 2019 erstmals eine maßgeschneiderte Individual-Schulterprothese implantiert und sind zahlenmäßig einer der Hauptanwender dieser Sonderanfertigungen. Auch die Augmented Reality hat in die Endoprothetik Einzug gefunden, das Ordensklinikum Linz ist das einzige Ausbildungszentrum der sogenannten ‚Nextar Technologie‘ für Schulterendoprothetik in Österreich und wird regelmäßig von Gastärzt:innen aus dem Ausland besucht.“
Knieprothese 2.0
Auf die weitere Entwicklung angesprochen, sieht der Mediziner eine klare Tendenz: „Die Implantate werden sich in naher Zukunft wohl nicht fundamental ändern, aber in der Implantationstechnik und in der digitalen Instrumentierung wird es einen Schub nach vorne geben.“ Exakt in diesem Punkt lassen jetzt mehrere Ordensspitäler mit einer interessanten Neuigkeit aufhorchen. Mit dem OP-Assistenzsystem „Velys“ setzt man einen nächsten Schritt in Richtung Digitalisierung. Es handelt sich dabei um eine nur ca. 17 Kilogramm schwere digitale Instrumentalisierungshilfe zur Implantatsetzung mit einer montierten Säge am Gerät, daneben stehen eine Hochfrequenz-Kamera und ein Monitor.
Digitale OP-Assistenz: Mithilfe von „Velys“ kann das Implantat bis auf 0,5 Millimeter genau eingesetzt werden. © Ordensklinikum Linz
Mit digitaler Hilfe zur optimalen Implantat-Position
Das Neue an der Technik: Das Implantat und die Position des Implantates können mittels Sensoren am Bein direkt während der OP geplant und am Monitor angezeigt werden. Zudem wird die Weichteilspannung von Muskeln, Sehnen und Bändern rund um das Gelenk in die Planung miteinbezogen. Dadurch kann die optimale Position des Implantates für die jeweilige Patientin bzw. den jeweiligen Patienten individuell gewählt werden. Denn die Position des Implantates bestimmt maßgeblich die Funktion und die Langlebigkeit des Gelenkes. Ein weiterer Vorteil: Da direkt während der OP geplant werden kann, entfallen vorausgehende bildgebende Verfahren wie CT oder MRT. „Das hilft den Operierenden, die Planung extrem genau umzusetzen“, betont Primar Ortmaier. Extrem genau bedeutet, dass das System bis auf 0,5 Millimeter plant und ausführt. Damit habe der Velys dem menschlichen Auge und der menschlichen Hand etwas voraus, so exakt könne der Mensch nicht arbeiten, meint der Experte. „Velys“ unterstützt jedoch nur, ersetzt aber nicht die Chrirurg:innen. „Velys ersetzt nicht die Arbeitskraft Mensch, sondern ist eine Weiterentwicklung eines Navigationsgerätes, das eine genaue Positionierung der Knieprothese ermöglicht“, erklärt Martin Dominkus, Vorstand der II. Orthopädischen Abteilung im Orthopädischen Spital Speising, wo das Robotersystem schon bald eingesetzt wird.
Pionier in Sachen Digitalisierung in der Orthopädie: Primar Prof. DDr. Reinhold Ortmaier erwartet sich aufgrund des neuen Velys-Systems bessere Langzeitergebnisse bei Knieprothesen. © Ordensklinikum Linz
Bessere Langzeitergebnisse erwartet
40 Operationen hat das Team der Orthopädie im Ordensklinikum Linz bisher mit dem Velys durchgeführt. Zwar gibt es aufgrund der Neuartigkeit des Systems noch keine Langzeitstudien, Prim. Prof. DDr. Ortmaier sieht aber mittel- bis langfristig einen großen Nutzen: „Wir wissen aus Erfahrung, dass eine möglichst ideale Platzierung des Implantats auch bessere Langzeitergebnisse mit sich bringt.“ Zudem komme es zu einer besseren Rekonstruktion des gewohnten Gangbildes der Operierten, unterstreicht die Vinzenz Gruppe, zu der u.a. das Herz-Jesu Krankenhaus und das Orthopädische Spital Speising in Wien gehört.
Quellen: Ordensklinikum Linz, kathpress